Author:
Utz Sandra,Bittel Miriam,Langhorst Jost
Abstract
ZusammenfassungPhytotherapeutika gewinnen zunehmend an Einfluss bei der Behandlung von gastroenterologischen Erkrankungen. Ihre Beliebtheit und wachsende Wirksamkeitsevidenz führen dazu, dass sie vermehrt in medizinische Leitlinien integriert werden. Ein systematisches Screening identifizierte empfohlene phytotherapeutische Ansätze. Entsprechend der aktuellen wissenschaftlichen Datenlage werden einige Empfehlungen für die Anwendung von Phytotherapeutika ausgesprochen. Bei Reizdarmsyndrom wird vor allem bei Schmerzen und Blähungen der Einsatz von Pfefferminzöl „stark empfohlen“. Weitere Phytotherapeutika wie beispielsweise STW-5, tibetanisches Padma Lax oder warme Kümmelölauflagen haben sich wirksam zur Symptomlinderung erwiesen. Es wird „empfohlen“, sie ins Behandlungskonzept zu integrieren. Bei Chronischer Obstipation werden 30g Ballaststoffe am Tag empfohlen. Die beste Datenlage existiert dabei zu Flohsamenschalen mit moderater Evidenz und für Chicorée-Inulin. Bei Colitis ulcerosa können Flohsamenschalen und die Kombination von Myrrhe, Kamillenblütenextrakt und Kaffeekohle komplementär in der remissionserhaltenden Behandlung eingesetzt werden. Ebenfalls eine „offene Empfehlung“ gibt es für Curcumin (Curcuma longa radix) sowohl für die Remissionsinduktion als auch -erhaltung. Einige Phytotherapeutika (z.B. Wermut [Artemisia absintium herba], Weihrauch [Boswellia serrata resina]) zeigen Wirksamkeitshinweise zur Behandlung von Morbus Crohn, jedoch ist die Datenlage noch nicht ausreichend für Empfehlungen. Cannabisbasierte Arzneimittel können nach nicht ausreichender Wirksamkeit oder Kontraindikation der empfohlenen Standardtherapie bei abdominellen Schmerzen und bei klinisch relevantem Appetitverlust erwogen werden, sollte jedoch nicht zur Therapie der akuten Entzündung bei aktivem Morbus Crohn eingesetzt werden. Weitere Empfehlungen für andere gastroenterologische Erkrankungen werden diskutiert. Die Sicherheit und Verträglichkeit der Phytotherapeutika wurden als überwiegend “sehr gut“ bis „tolerabel“ eingestuft. Einige klare Empfehlungen für den Einsatz von Phytotherapeutika zur Behandlung gastroenterologischer Erkrankungen zeigen das große Wirkpotenzial. Phytotherapeutika können aufgrund ihres großen Wirkspektrums bei komplexen Regulationsstörungen sehr gut komplementär zu herkömmlichen Medikamenten eingesetzt werden. Dennoch sind weitere methodisch gut durchgeführte Wirkungsstudien für weitere Empfehlungen erforderlich.