Abstract
ZusammenfassungDie Presse- und Wissenschaftsfreiheit ist die wichtigste Voraussetzung, damit Journalist:innen kritisch berichten und Wissenschaftler:innen ungehindert forschen können. Diese Studie untersucht an einem Fallbeispiel, inwiefern Berichterstattung und Forschung durch juristische Anwaltsstrategien beeinflusst, behindert oder sogar beendet werden können. Vor dem theoretischen Hintergrund der Konzepte Agenda Cutting und Strategic Lawsuits Against Public Participation (SLAPPs) wird diese Fragestellung am Beispiel der deutschen Adelsfamilie der Hohenzollern untersucht, die in den vergangenen Jahren massiv juristisch gegen Medienschaffende und Forschende vorgegangen ist. Es wurden leitfadengestützte Interviews mit zehn Betroffenen (fünf Journalisten und fünf Wissenschaftler:innen) geführt. Die Ergebnisse zeigen, dass es der Hohenzollern-Familie zwar nicht gelang, die Berichterstattung und Forschung zu unterbinden. Doch führten die Abmahnungen und Klagen zu einer teilweise erheblichen Verunsicherung, v. a. wegen des finanziellen Risikos, sowie zur Beeinträchtigung der Arbeit durch die Bindung von Zeit und Kraft. Bei den befragten Journalisten führte das juristische Vorgehen hauptsächlich zu einem defensiveren Sprachgebrauch, zuweilen auch zu einer Vermeidung des Themas. Die Wissenschaftler:innen vernetzten und solidarisierten sich untereinander und forschten weiterhin zu der Thematik, äußerten sich jedoch in der Folge seltener in klassischen Medien. In beiden Berufsgruppen gab es somit Anzeichen für einen chilling effect, die als Verluste für die allgemeine Öffentlichkeit gewertet werden können. Besonders bedroht von der juristischen Vorgehensweise waren offenbar freie Medienschaffende, Journalist:innen kleinerer Medien und befristet beschäftigte Doktorand:innen, die weniger gut abgesichert waren.
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Springer Science and Business Media LLC
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